Der Arzt verordnet, die Kassen erstatten anteilig oder sogar voll

Über die medizinische Notwendigkeit von Haarersatz entscheidet zunächst ein Arzt, der gegebenenfalls eine Verordnung ausstellt. Das Rezept muss folgende Angaben enthalten:

  • Die Diagnose (z.B. Alopecie unter Chemotherapie)
  • Welches Hilfsmittel laut Hilfsmittelverzeichnis (z.B. Perücke 24.00.18.00.05)
  • Die Haarersatzbeschreibung und seine Qualität (z.B. Erwachsene Kunsthaar Maßkonfektion)
  • Die voraussichtliche Tragedauer ( 2 Möglichkeiten: bis 6 Monate oder länger als 6 Monate))

Jeder Arzt Ihres Vertrauens kann eine Hilfsmittelverordnung ausstellen, egal ob Hausarzt, der Dermatologe oder ein Onkologe.

Wer Anspruch auf einen Kassenzuschuss hat, wird im § 33 SGB V (Hilfsmittel) geregelt.

§ 31 SGB IX
"(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. (...)"

Was ist ein Hilfsmittel? Welchem Zweck dient es? Das steht im SGB IX

§ 31 SGB IX

"Hilfsmittel (Körperersatzstücke sowie orthopädische und andere Hilfsmittel) nach § 26 Abs.2 Nr.6 umfassen die Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich sind, um

  1. einer drohenden Behinderung vorzubeugen,
  2. den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder
  3. eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind

(2) Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandhaltung, Ersatzbeschaffung sowie die Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel. Der Rehabilitationsträger soll

  1. vor einer Ersatzbeschaffung prüfen, ob eine Änderung oder Instandsetzung von bisher benutzten Hilfsmitteln wirtschaftlicher und gleich wirksam ist,
  2. die Bewilligung der Hilfsmittel davon abhängig machen, dass die behinderten Menschen sie sich anpassen oder sich in ihrem Gebrauch ausbilden lassen.

§ 4 SGB IX

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

  1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern,
  2. Einschränkungen der Erwerbstätigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
  3. die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
  4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

§ 33 SGB IX

 Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

§ 55 SGB IX

(1) Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden die Leistungenn erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden.

(2) Leistungen nach Absatz 1 sind insbesonder

  1. Versorgung mit anderen als § 31 genannten Hilfsmitteln oder den in § 33 genannten Hilfen"

BSG, - B 3 KR 68/01R

"Soll ein Hilfsmittel die Ausübung einer beeinträchtigten Körperfunktion unmittelbar ermöglichen, ersetzen oder erleichtern (z.B. Prothese), ist grundsätzlich ein Hilfsmittel zu gewähren, das die ausgefallenen bzw. gestörte Funktion möglichst weitgehend kompensiert, also den umfassendsten Gebrauchsvorteil bietet" Urteil vom 23.07.02

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - Beschluss vom 15.06.05 - Az.: L 5 KR 20/04

"Eine Perückenversorgung kann in geeigneten Fällen aus Mitteln der Krankenversicherung gerechtfertigt sein.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin  die ihr entstandenen Kosten für blonde Echthaarperücken zu erstatten. In dem Zusammenhang mit der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln und hier der Versorgung einer Frau mit einer Perücke hat das BSG (a.a.O.) ausgeführt, dass Ziel der Versorgung behinderter Menschen mit Hilfsmitteln die Förderung ihrer Selbstbestimmung und ihrer gleichberechtigten Teilhabe in der Gemeinschaft sei. Die sich daraus ergebende Frage, welche Qualität und Ausstattung ein Hilfsmittel haben müsse, um als geeignet, notwendig, aber auch ausreichend gelten zu können, beantworte sich danach, welchem konkreten Zweck die Versorgung im Einzelfall diene. Dabei  müsse Qualität und Wirksamkeit der Leistung insoweit dem allgemeinen anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen."

Bei Frauen wird eine Alopecia totalis als Schwerbehinderung anerkannt

Frauen mit einer Alopecia totalis können beim Landesamt für Soziales und Versorgung eine Schwerbeschädigung von mindestens 30% beantragen. Wenn sie eine große psychische Belastung wegen ihrer Haarlosigkeit haben, kann ein Sozialgericht auch bis zu 50% Schwerbehinderung anerkennen. Anträge zur Bewilligung können sich Betroffene im Internet herunter laden. Da Männer ohne Haare oder rasiert gesellschaftliche Akzeptanz genießen, erfüllen sie die Voraussetzungen nicht.